Die Geschichte vom goldenen Pfad
Es war einmal, oder vielleicht ist es auch heute oder morgen, ein junges Mädchen, das träumte immer wieder von einem goldenen, leuchtenden Pfad. Es war sich so sicher, ihn eines Tages zu finden, dass es sich jeden Tag wieder von neuem auf die Suche danach machte. Alle, die sie nach dem goldenen Weg fragte, lächelten spöttisch und rieten ihr, doch bitte realistisch zu sein und sich nicht mit solchen Hirngespinsten abzugeben.
Und irgendwann, nach vielen Jahren der Suche, hörte das Mädchen auf, an diesen leuchtenden Pfad zu glauben. Es hatte zu oft gehört, dass es verrückt sei, weiter danach zu suchen.
Aus dem Mädchen war eine Frau geworden und die Realitäten und Schwierigkeiten des Lebens hatten sie eingeholt und das Träumen wurde immer weniger.
Aber, obwohl sie den Gedanken an den leuchtenden Weg verdrängt hatte, konnte ihr Herz ihn nicht vergessen. Und je älter sie wurde, desto trauriger wurde das Herz. Es fing schließlich an, aus dem Rhythmus zu kommen, immer in der Hoffnung, dass die Frau den Weg des Mädchens wieder beschreiten würde.
Tatsächlich hörte die Frau eines Tages auf ihr Herz und fing vorsichtig wieder an, nach dem leuchtenden, goldenen Pfad zu suchen; erst in Gedanken und dann auch in Worten.
Da geschah etwas Merkwürdiges: Die Menschen, die sie fragte, lächelten sie an und gaben ihr Antworten und wünschten ihr Glück auf ihrer Suche. Und so kam sie von einem Weg zum nächsten, hatte immer wieder auch interessante Weggefährten und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben akzeptiert und ihr Herz wurde fröhlicher.
So suchte sie geraume Zeit und immer noch hatte sie den leuchtenden Pfad nicht gefunden und es wurde ihr wieder schwerer ums Herz. Würde sie ihn denn jemals finden? War der goldene Pfad vielleicht doch nur eine Träumerei? Aber warum gab es dann so viele andere Menschen, die auch nach diesem Pfad suchten? Dieser Gedanke und die gemachten Erfahrungen gaben ihr wieder Mut, immer weiter zu gehen.
Und so kam sie eines Tages zu einem alten weisen Menschen und sie fragte auch ihn nach dem goldenen, leuchtenden Pfad. Da erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht und überzog sein ganzes Wesen mit Licht und Glück und er sagte der Frau: “Warum suchst Du nach dem goldenen Pfad mein Kind, Du hast ihn doch schon längst gefunden.”
Da wurde der Frau klar, dass sie ihn seit ihrem ersten Gedanken daran gegangen war, ihn nie verlassen hatte und ihn auch immer gehen würde – und sie war glücklich.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann ist sie es noch heute.
Text: Stephanie v. Haldenwang (© 11/2002 bis heute). Alle Rechte vorbehalten.